Eselbastei
Nachtrag zum Nasenring
Vor kurzem rollte der Bagger an, um die Reste der Eselbastei abzureißen. Keine 3 Werktage vorher wurde der Abriss im Stadtrat beschlossen. – Haben Sie schon mal versucht, für eine Baustelle so kurzfristig und unvorhergesehen eine solche Aktion durchzuziehen? … also: Längst geplant, das Ganze.
In der genannten Stadtratssitzung war eigentlich nur ein „Sachstandsbericht“ gefordert. „Völlig spontan“ kam dann der Antrag des Fraktionsvorsitzenden der FW, die Eselbastei abzureißen – „soweit erforderlich“. Spontan? … ach was. Sicher längst im Hintergrund vorbereitet.
Ein Sachstandsbericht sollte eigentlich die Ist-Situation eines Projekts darstellen, in der Regel neutral Für und Wider gegenüberstellend. Hier wurden nur die Argumente für den Abriss und gegen den Erhalt vorgetragen. Sachlich? … Nein, so sieht Manipulation im Sinne des Investors, der Verwaltungsspitze und der treibenden Stadträte aus.
Es kann einem doch keiner weismachen, dass alle Mitglieder der regierenden Stadtratsfraktion unisono gegen den Erhalt der Reste der Eselbastei und ihrer öffentlichen Nutzung waren, bzw. von den „Argumenten“ des Vorstands der IFG restlos überzeugt wurden … … ein abgekartetes Spiel!
Noch am selben Tag, als die Abrissarbeiten begannen, wurden scheinheilige Beschwichtigungen nachgereicht. Dass ausgerechnet diejenigen, die sich immer wieder hinter den Abriss von Bau- und Bodendenkmälern stellen, jetzt den Denkmalschutz bemühen – um die Fundamentreste untersuchen zu können, müsse man die darüber liegenden Mauern wegreißen – sprengt alle Gesetze der Unverfrorenheit. Das ist Sarkasmus pur und man verhöhnt gerade diejenigen, die sich wirklich um den Dankmalschutz bemühen.
Merke: Mit dem eindimensionalen Weltbild eines aggressiven Wirtschaftsliberalismus kann man zwar das Erbe dieser Stadt verscherbeln, aber man schafft keine Fundamente für die Zukunft.
Die Verleihung des Goldenen Nasenrings
Was ist das für ein Stadtrat, der es sich gefallen lässt, von der Verwaltung derart an der Nase herumgeführt zu werden. Also – unter Murren, was die eine (kleinere) Hälfte betrifft. Was die andere (größere) Hälfte angeht, lässt sich der Eindruck nicht von der Hand weisen, dass man sich in einer Art gegenseitiger Abhängigkeit in der Kumpanei mit der Verwaltungsspitze bestens eingerichtet hat – wohl um des Erhalts der Macht willen.
Letztes Beispiel für dieses unrühmliche Gebaren ist der Stadtratsbeschluss, die (mittlerweile ohnehin nur noch kläglichen) Reste der Eselbastei abzureißen – um einiger Parkplätze und einiger Versorgungsräume des neuen Kolosshotels willen. Das Pikante daran ist, dass die Planung der IFG offensichtlich schon seit Monaten, wenn nicht von Anfang an – Stadtratsbeschluss hin oder her – die Beseitigung aller Mauerreste ohnehin vorweggenommen hatte.
Auch alle so genannten Bekenntnisse Einiger zur Bedeutung der Geschichte … bla bla bla usw. sind die Luft nicht wert.
Für die Zukunft sollten wir uns darauf einrichten, dass eigentlich alle Aussagen dieser Leute nur beliebig sind, uns, die Bürger einlullen sollen und jederzeit in ihr Gegenteil verkehrt werden können, je nach Bedarf oder Einfluss Anderer. Was das über deren Charakter aussagt, … Was das über die Selbstachtung derer im Stadtrat aussagt, die sich auf eine solche Vorgehensweise einlassen, … Oder, um es mit den Worten des Kabarettisten Gerd Dudenhoffer in seiner Rolle als Heinz Becker zu sagen: „Das Gewissen muss eine größere Sache sein. Des geht manche Leut net in de Kop nei."
Und so geht der diesjährige „Goldene Nasenring“ an die regierende Stadtratsfraktion, allerdings in besonderer „Würdigung“ der servilen Führung deren Appendix.
Wie ein Holzfundament zum Brett vor dem Kopf wird
Die Geschichte vom Schimmel, den die Ingolstädter dem schwedischen König unterm Hintern weggeschossen haben, kennt in Ingolstadt jedes Kind. Dass diese Kugel von der Eselbastei aus abgefeuert wurde, wissen auch noch viele. Auch dass die Eselbastei auf napoleonischen Befehl – wie fast die gesamte Stadtbefestigung – bis auf die Grundmauern geschleift wurde. Und wo die Eselbastei einst stand, ist auch bekannt. Alte Pläne gibt es genug. Wirklich neu war, dass man die Fundamente der Bastei auf Holzpfähle gründete. Es mag verwunderlich klingen, dass man ganze Festungsteile auf ein Holzfundament setzt, aber solange diese im Grundwasser stehen und nicht der Luft ausgesetzt werden, ist das in sumpfigem Gelände eine absolut sinnvolle Methode. (So funktioniert das übrigens schon seit Jahrhunderten in Venedig.) Genau an dieser Stelle hat die „Königlich Bayerische Geschützgießerei und Geschoßfabrik“ ihre Waffenfertigung aufgebaut, das Gelände 8 bis 10 Meter hoch aufgeschüttet 1), weil man nicht im Donauhochwasser stehen wollte und zur Donau hin noch eine Mauer hochgezogen … so viel zur Geschichte.
Als dann an diese Stelle dieses unsägliche Kolosshotel samt CongressCentrum und Tiefgarage gebaut werden sollte, war man plötzlich sehr verwundert, dass hier Mauerreste im Boden waren. Und gänzlich überrascht, dass es sich auch um Fundamente der Eselbastei handelte. (Dass die aufragenden Mauern darüber aus dem beginnenden 20. Jahrhundert stammten, war offensichtlich, scheint aber an einigen vorübergegangen zu sein.)
Statt sich zu freuen, dass man wieder etwas „Handfestes“ aus der Geschichte Ingolstadts in Händen hatte – inklusive einer (auch touristisch) werbewirksam nutzbaren Story –, war es seitens der IFG bei der anschließenden Diskussion um den Erhalt dieser Mauerreste nur wichtig darauf hinzuweisen, wie viele Parkplätze man dabei verlöre.
Eigentlich hätte man sich auch darüber freuen können, als der Stadtrat beschloss, diese Reste zu erhalten und sie als Dokument der Geschichte Ingolstadts der Öffentlichkeit zugänglich zu machen 2). Dann jedoch kam die Sache mit dem neuen Investor, die Vergrößerung und Neu(hässlich)gestaltung des Hotels, eine zusätzliche Garagenzufahrt für lenkunwillige Audianer, und schließlich noch die seltsame Hotelvorfahrt (so wie Lieschen Müller aus den Filmen der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts halt gelernt hat, wie ein Luxushotel auszuschauen hat).
Jetzt plötzlich, nach 4 Jahren werden diese Holzfundamente ganz scheinheilig aus ihrer Versenkung geholt, um zu begründen, dass ein Erhalten der Mauerreste „schwierig“ werden würde. Und noch scheinheiliger wird aus der politischen Ecke sekundiert, dass man sie vielleicht noch versetzen könne, dass das, was man sähe, ja in Wirklichkeit gar nicht die Eselbastei sei. Obwohl sich unsere verantwortlichen Politiker geradezu überbieten mit Geschäftigkeit, betroffenem Getue und „tollen“ Vorschlägen ... In Wirklichkeit sind das nur Scheingefechte, um die Öffentlichkeit darauf vorzubereiten, dass der einmal gefasste Stadtratsbeschluss obsolet sei, dass man sich ja Mühe gegeben habe, aber gegen die „Fakten“ könne man halt nicht … so leid es einem ja tue …
Natürlich, es ist schwierig, die Mauerreste der Eselbastei zu erhalten; natürlich, das wird teurer als sie einfach abzureißen und natürlich erfordert es einiges Nachdenken, wie man sie für die Öffentlichkeit erhalten und zugänglich machen kann. An IFG & Co. gerichtet: Einfach kann jeder Handlanger. Wenn‘s schwierig wird, zeigt sich der Meister.
Parkplätze statt Geschichte – wie tief wollt ihr denn noch sinken?
Man kann ja nur gespannt sein, wie viele unser Bürgervertreter sich wieder an der Nase rumführen lassen wie einen Tanzbären, entweder weil ihnen das Thema ziemlich egal ist und sie eh lieber der Wirtschaft (= Geld und/ oder Bier) den Vortritt lassen, oder weil sie nicht verstehen, worum es eigentlich geht, oder ganz einfach aus Parteiraison. Da scheint unser OB mit seinem Bekenntnis zur Geschichte Ingolstadts, wie wichtig es sei, „sie aufzuwerten“, inmitten seiner Parteigranden so ziemlich allein zu stehen. An diesem Beispiel wird sich zeigen, ob man sich auf seine Aussagen verlassen kann. Oder ob das angebliche Interesse an der Geschichte unserer Stadt auch nur politische Werbung ist und sich in Wirklichkeit auf Disneyland-Niveau bewegt.
Aber wahrscheinlich ist alles ganz anders. Schließlich existieren seit langem Baupläne, die genau an der Stelle der Fundamentreste der ehemaligen Eselbastei die „Anlieferung, Vorbereitungsküche, Tiefkühllager Hotel, Getränkelager Kühl Hotel, Getränke Leergut Hotel, usw.“ für das geplante Kolosshotel und CongressCentrum vorsehen (aus der Werkplanung von 05/2014).
1) vgl. Erich Maßl, „Mir war’n schon wer! 110 Jahre Ingolstädter Gießereigeschichte“, IN, 1996
2) vgl. Regensburg, „document Legionsmauer“ im Untergeschoss des Parkhauses am Dachauplatz